Vorteile der HBS gegenüber anderen Neutronenquellen

Das Angebot an Neutronenstrahlen deckt derzeit kaum den Bedarf der Wissenschaft und der Industrie. Zudem erreichen einige auf Kernspaltung beruhende Neutronenquellen im nächsten Jahrzehnt das Ende ihrer Betriebszeit. Die High Brillance neutron Source (HBS) wäre ein essenzieller Beitrag, deutschen und europäischen Forschenden einen resilienten und einfachen Zugang zu Neutronenstrahlen zu gewährleisten. Dabei funktioniert sie nach einem anderen Prinzip als die existierenden großen Neutronenquellen.

In Forschungsreaktoren läuft eine Kernspaltung ab – als kontrollierte Kettenreaktion: Wenn ein Neutron auf einen Uran-Atomkern trifft, zerbricht dieser und es werden Neutronen frei, von denen ein Teil wieder neue Kerne spaltet.

Anders als Forschungsreaktoren benötigt die geplante HBS keine nuklearen Brennstoffe. Das erleichtert die Entsorgung erheblich: Zwar wird bei der HBS das metallische Target und die Wände drumherum durch den Beschuss mit Protonen radioaktiv, doch diese Radioaktivität ist schon nach rund zehn Jahren nahezu abgeklungen. Außerdem ist das Volumen des aktivierten Targets gering.

Die HBS kann jederzeit abgeschaltet werden, denn es findet keine Kettenreaktion statt. Weil außerdem keine nuklearen Brennstoffe eingesetzt werden, haben Wissenschaftler:innen einen viel einfacheren Zugang zu ihren Messinstrumenten und Messungen. Zahlreiche Vorschriften und Sicherheitsmaßnahmen, die im Atomgesetz vorgeschrieben sind, treten nicht auf.

Neben Forschungsreaktoren existieren sogenannte Spallationsquellen. Zu diesem Typ Neutronenquelle gehört auch die europäische ESS, die derzeit in Schweden gebaut wird. Ähnlich wie bei der HBS prasseln in Spallationsquellen Protonen auf die Atomkerne von schweren Metallen. Doch die Protonen besitzen eine sehr viel höhere Energie als die Protonen in der HBS. Denn zuvor wurden sie in den riesigen Anlagen fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Der Protonenbeschuss lädt die Atomkerne im Target der Spallationsquelle energetisch so auf, dass sie regelrecht verdampfen und dabei Neutronen freisetzen. Pro Proton entstehen dabei durchschnittlich 20 Neutronen.

Wir befinden uns gegenwärtig in Europa in einer Phase der Unterversorgung mit Neutronen."

Prof. Stephan Förster, Geschäftsführender Direktor des Jülich Centre for Neutron Science am Forschungszentrum Jülich

Ein wesentlicher Vorteil der HBS gegenüber Spallationsquellen liegt in der effizienteren Nutzung der freigesetzten Neutronen wegen deren geringerer Energie: Ein größerer Anteil der Neutronen kann für Experimente verwendet werden, während weniger Neutronen von den umgebenden Wänden absorbiert werden. Das erleichtert die Entsorgung der Neutronenquelle und der abschirmenden Komponenten, weil sie weniger radioaktiv werden als die in Spallationsquellen.

Ein weiterer Pluspunkt der HBS ist, dass der Neutronenstrahl auf die Anforderungen der jeweiligen wissenschaftlichen Fragestellung zugeschnitten werden kann. So sind die Pulslängen des Neutronenstrahls und deren Frequenz variabel und können an die Instrumentanforderungen direkt angepasst werden. Außerdem lässt sich die Energie der Neutronen für jedes Messinstrument mithilfe von optimierten Moderatoren individuell einstellen.

Anders als andere Neutronenquellen ist die HBS modular aufgebaut, was Wartungs- und Reparaturarbeiten erleichtert. Techniker:innen können einzelne Module austauschen, ohne den gesamten Betrieb für längere Zeit lahmzulegen. Bei technischem Fortschritt lassen sich verbesserte Module schnell integrieren.

Letzte Änderung: 29.04.2025