Forschung
Die HBS bringt Energietechnik, Medizin, Informationstechnik, Umweltwissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Quantentechnologie, Chemie und fundamentale Physik voran.

Energietechnik
Ein klimaneutrales Energiesystem benötigt effiziente Energiespeicher und Energiewandler. Diese Geräte funktionieren nur aufgrund der Bewegung leichter Elemente wie Wasserstoff, Lithium oder Natrium. Neutronenstrahlen machen diese Elemente in Gegenwart von schwereren Elementen besonders gut und einfach sichtbar. So nutzen Wissenschaftler:innen Neutronen zum Beispiel, um den Wasseraustausch und die Protonenbewegung in Brennstoffzellen oder die Wanderung von Lithium in Li-Ionen-Batterien zu untersuchen. Da Neutronen tief in die Materie eindringen, können Forschende ihre Untersuchungen während des Betriebes der Geräte durchführen, etwa beim Laden und Entladen von Batterien. Das ermöglicht es, die besten Materialien auszuwählen, die Geometrie zu verbessern und die Ursachen für Leistungsverluste und Fehlfunktionen zu erkennen. Mehrere Instrumente der HBS eignen sich für solche in-operando-Untersuchungen.
Lebenswissenschaften und Medizin
Proteine sind unverzichtbare Bausteine des Lebens. Die Wissenschaft kennt bereits die Strukturen von über 200.000 Proteinen, ermittelt etwa durch Röntgenstreuung oder Mag-netresonanzspektroskopie. Doch um die Funktion von Proteinen besser zu verstehen, muss man auch ihre Formveränderungen und Bewegungen untersuchen – und zwar in biologischen Zellen, die gefüllt sind mit anderen Stoffen. Neutronenstrahlen sind dafür ideal. Sie lokalisieren Wasserstoff und unterscheiden Zellkomponenten. Die HBS mit ihren hellen, schmalen Neutronenstrahlen verringert den Bedarf an Probematerial und verbessert das Signal-zu-Hintergrund-Verhältnis. Dadurch bringt sie die Forschung voran.
Mit dem hochleistungsfähigen Neutronenreflektometer der HBS werden Wissenschaftler:innen den Aufbau biologischer Membranen detailgenau untersuchen. Biologische Membranen bestehen aus einer komplexen Mischung von Fetten, Proteinen und Zuckern. Viele Krankheiten resultieren aus Membranveränderungen. Mit der Neutronenreflektometrie können Wissenschaftler:innen außerdem das Zusammenspiel von Membranen mit körpereigenen Molekülen erforschen. Die HBS ermöglicht die Untersuchung kleiner und dadurch fehlerfreier Membranen. Der verringerte Strahlungshintergrund erlaubt detailgenauere Messungen.
Die HBS wird auch medizinische Radioisotope effizient herstellen und die Krankenhäuser der Region mit Radioisotopen für die Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen versorgen können.
Informationstechnik
Datenspeicher, Computer-Leseköpfe, die Kreditkarte und viele Sensoren funktionieren dank magnetischer Materialien. In diesen verhalten sich die Atome wie Miniatur-Stabmagneten. Die Anordnung dieser Elementarmagnete bestimmt die magnetischen Eigenschaften eines Werkstoffes. Ein Strahl mit magnetisch gleichartig orientierten Neutronen spürt die Elementarmagneten im Material wie eine Kompassnadel einen Magneten in ihrer Nähe. Deshalb können Wissenschaftler magnetische Materialien mit Hilfe polarisierter Neutronen gut untersuchen. Über 90 Prozent aller Magnetstrukturen wurden mit Neutronen aufgeklärt.
An der HBS werden Forschende mit einem Instrument sowohl den chemischen Aufbau als auch die Magnetstruktur von Kristallen bestimmen. Das Mehrzweck-Instrument an der HBS ist besonders nützlich, wenn Forschende Materialien vermessen wollen, bei denen strukturelle und magnetische Veränderungen miteinander verknüpft sind.
Quantentechnologien
Quantencomputer und die Übertragung von Quanteninformationen erfordern spezielle Materialien, zum Beispiel für Qubits, die möglichst fehlerfrei arbeiten. Neutronenstrahlung hilft Wissenschaftler:innen, neue Materialien mit speziellen Quanteneigenschaften zu entdecken. Denn solche Materialien müssen bei extremen Bedingungen untersucht werden – bei sehr niedrigen Tempera-turen, sehr starken Magnetfeldern oder unter hohem Druck. Die Messinstrumente an der HBS sind perfekt geeignet, die komplizierten Vorgänge in diesen Quantenmaterialien zu entschlüsseln.
Ingenieurwissenschaften
Wegen des geringen Durchmessers des Neutronenstrahls der HBS werden Forschende sehr kleine Bereiche von Proben präzise anvisieren können. Sie können Fehlstellen, Spannungsverteilungen und die Nanostrukturierung in Keramiken und Metallen untersuchen. Dabei profitieren die Forschenden auch davon, dass Neutronen im Gegensatz zur Röntgenstrahlung leichte Sauerstoffatome neben schweren Metallatomen „sehen“. Diese Konstellation tritt in Keramiken häufig auf und beeinflusst wesentlich ihre Eigenschaften. Bei der Entwicklung korrosionsbeständiger metallischer Werkstoffe ist die Sicht auf Sauerstoffatome ebenfalls entscheidend.
Umweltwissenschaften
Die HBS wird helfen, wertvolle Rohstoffe effizient zu recyceln. Ein Beispiel für solche Rohstoffe sind Seltene Erden, die unter anderem für Elektroauto-Motoren und die Generatoren in Windkraftanlagen benötigt werden. China dominiert den Weltmarkt dieser Rohstoffe. Der Abbau und die Weiterverarbeitung der Seltenen Erden und anderer metallischer Rohstoffe verursachen zudem oft erhebliche Umweltschäden. Recyling bietet einen Ausweg aus dieser Situation. Dafür müssen die Rohstoffe im Elektroschrott identifiziert und ihre Menge bestimmt werden. An der HBS gelingt das mit einem bestimmten Messverfahren, der prompten Gamma-Aktivierungsanalyse.
Chemie
Die HBS unterstützt Forschende bei der Entwicklung von Katalysatoren, die viele großtechnische Prozesse in der chemischen Industrie beschleunigen. Nur deshalb sind viele Produkte des täglichen Lebens preisgünstig herstellbar. Häufig wirken Katalysatoren, indem sie an einer inneren oder äußeren Oberfläche kurzfristig Ausgangsstoffe oder Zwischenprodukte einer chemischen Reaktion anlagern. Solche Flächen finden sich beispielsweise in porösen Materialien. Neutronen durchdringen die chemischen (Modell-)Reaktoren und ermöglichen so, katalytische Vorgänge in deren Inneren zu verfolgen. Sie verraten auch etwas über die Schwingungen von Atomen in Molekülen. Diese sind für jedes Molekül charakteristisch wie ein Fingerabdruck für einen Menschen. Somit liefern die Neutronen den Wissenschaftler:innen Informationen über die Stoffe, die im oder am Katalysator entstehen.
Mit der HBS werden Forschende zudem die Kräfte und Vorgänge an Fest/Flüssig- oder Flüssig/Gas-Grenzflächen besonders gut untersuchen können. Solche Grenzflächen stabilisieren Emulsionen und Schäume beispielsweise in Kosmetika oder Reinigungsmitteln.
Fundamentale Physik
Experimente zum Zerfall und zum Dipolmoment von Neutronen könnten Abweichungen vom Standardmodell der Teilchenphysik aufdecken. Dieses seit Jahrzehnten bewährte Modell beschreibt sämtliche Materiebausteine und die sie verbindenden Kräfte. Trotzdem sind viele Physiker davon überzeugt, dass es unvollständig ist.
Forschung an der HBS: die Anwendungen in der Übersicht
Energie | Brennstoffzellen, Batterien, Elektrolyseure, Solarzellen, Wasserstoffspeicher |
Medizin und Gesundheit | Radioisotope für die Krebstherapie, Struktur und Dynamik von Proteinen, Medikamententransport, biologische Membranen, Implantate |
Informationstechnik | Magnetische Materialien z.B. für Datenspeicher, Spintronik |
Quantentechnologie | Materialien z.B. für Quantencomputer |
Umweltwissenschaften | Recycling von Rohstoffen, Membranen für die Wasseraufbereitung |
Ingenieurwissenschaften | Materialprüfung, Keramik, Leichtbaumaterialien |
Chemie | Fette, Reinigungsmittel, Farben, Lösemittel, Katalysatoren |
Fundamentale Physik | Dipolmoment des Neutrons, Standardmodell |