Brillantes Prinzip

Ein Atomkern besteht aus Neutronen und Protonen, die durch eine starke Kraft zusammengehalten werden. Diese Kraft muss überwunden werden, um die Neutronen freizusetzen. Bei der High Brilliance neutron Source (HBS) stammt die Energie dafür aus Protonen, die auf 15 bis 45 Prozent der Lichtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Kollidiert ein solches Proton mit dem Atomkern eines schweren Metalls wie Tantal, gibt es mehrere Prozesse:
- Das Proton verlässt den Atomkern wieder und wird in eine andere Richtung abgelenkt ohne die Aussendung weiterer Teilchen.
- Das Proton vereinigt sich – fusioniert – mit dem Atomkern, so dass für sehr kurze Zeit ein energiereicher Verbundkern entsteht. Dieser zerfällt und sendet dabei ein oder meherere Neutron aus.
Herkömmliche Neutronenquellen, die nach diesem Prinzip des Protoneneinfangs funktionieren, haben einen erheblichen Nachteil: Sie produzieren nur einen sehr schwachen Neutronenstrahl, sind also nicht sehr „hell“. Die HBS dagegen ist eine „brillante“ Neutronenquelle. Denn bei ihr treffen 10 bis 100-mal mehr beschleunigte Protonen zeitgleich auf das metallische Target als bei herkömmlichen kompakten Beschleuniger-getriebenen Quellen (compact accelerator-driven neutron source, CANS). Dementsprechend setzt das Target auch 10 bis 100-mal mehr Neutronen frei.

Vor allem zwei Fortschritte innerhalb des letzten Jahrzehnts führten dazu, dass die HBS mit ihrem brillanten Strahl technisch realisierbar ist: Erstens entwickelten Wissenschaft und Industrie Beschleuniger, die zuverlässig einen starken Protonenstrom liefern. Zweitens entwarfen und bauten Jülicher Forschende Targets, die nachweislich einer enorm hohen Wärmebelastung standhalten und auf Protonenbeschuss nur langsam mit Versprödung und Rissbildung reagieren.
Wegen ihres brillanten Neutronenstrahls können an der HBS im Gegensatz zu einer CANS mehrere, sehr verschiedenartige Messinstrumente gleichzeitig zum Einsatz kommen. Der Neutronenstrahl der HBS hat einen Querschnitt von wenigen Millimetern, wird in einstellbar langen Pulsen abgegeben und hat ein sehr gutes Signal-zu-Hintergrund-Verhältnis. Wegen dieser Eigenschaften des brillanten Strahls ist die HBS besonders geeignet, um Stoffe auf der atomaren Ebene zu erforschen. Außerdem lassen sich mit der HBS auch Proben untersuchen, die nur in geringsten Mengen zur Verfügung stehen.
Die HBS hat bedeutsame Vorteile gegenüber Neutronenquellen, die auf anderen Prozessen beruhen.
Die HBS wird einen intensiven und besonders schmalen Neutronenstrahl liefern. Sie erweitert damit die Anwendungsmöglichkeiten der Neutronenforschung und ermöglicht Experimente, bei denen wir nur kleine Probenmengen haben oder es auf hohe räumliche Auflösung ankommt."